Gesellschaftsinseln  2.11. -21.11.2022

 

 

Paris – LAX - Papeete   1. - 2.11.2022

Am Anfang steht der unendliche Flug (19 Stunden reine Flugzeit – 15600 km). Deshalb kommt es uns sehr zu pass, dass wir erst am Nachmittag fliegen. Im Hotel dürfen wir bis 12 Uhr verbleiben, um in Ruhe noch einmal die Rucksäcke zu checken und für den Flug fertig zu machen. Es reicht sogar noch für ein kleines Mittagessen in unserem inzwischen zum Stammlokal avancierten „Le Danube“. Dort staunt man nicht schlecht, dass wir auf eine so weite Reise aufbrechen wollen und wünscht uns einen schönen Urlaub und guten Flug.

Um 14 Uhr fahren wir mit Metro und RER zum Flughafen Charles de Gaulle. Da die Air France Maschine in Los Angeles einen technischen Stop absolvieren muss und die US-Behörden auch für Transit-Passagiere eine formgerechte Immigration verlangen, konnten wir auch nicht online einchecken. Der Check-In-Schalter musste sich überzeugen, dass wir ein gültiges ESTA für USA vorweisen konnten. Ansonsten lief alles problem- und geräuschlos ab. Als wir um 18 Uhr 10 (Pariser Zeit) starten, haben wir das Glück, dass der dritte Platz in unserer Reihe leer bleibt, das macht den längeren Teil des Fluges ein wenig erträglicher. Dennoch ziehen sich die 11 Stunden bis Los Angeles Airport (LAX) endlos hin. Da wir mit der Nacht nach Westen fliegen, wird es eine endlose dunkle Zeit, nur kurz unterbrochen durch die Mahlzeiten an Bord. Weder Katrin, noch ich konnten uns eines erquickend-tiefen Schlummers erfreuen, beide dämmerten wir so dahin. Thomas wähnten wir schon in Los Angeles. Er ist heute schon am Morgen in München mit Lufthansa gestartet und musste einen längeren Aufenthalt in LAX auf sich nehmen, bevor er gerade mal eine Stunde eher als wir mit Air Tahiti Nui nach Papeete gestartet ist.

In Los Angeles stehen wir mit etwas wackeligen Beinen in der Schlange vor den Immigrationsschaltern. Obwohl die Abwicklung für die Transitpassagiere recht zügig voranschreitet, reichen uns die ca. 2 Stunden Aufenthalt gerade, um noch einmal durch die ergiebigen Sicherheitskontrollen hindurch an das Gate zu gelangen, nur um dann schließlich in denselben Flieger einzusteigen. Leider haben wir diesmal kein Glück, dass der dritte Platz in unserer Reihe frei bleibt. Ein hünenhafter Polynesier drückt mich dann etwas näher zu Katrin. Dann eben ein kuscheliger Flug von 8 Stunden, auch wieder durch die Nacht. Natürlich schleicht sich auch jetzt kein Tiefschlaf ein, sondern bleierner Halbdämmer lässt die Zeit mühsam vorankriechen. Erstaunlich, dass wir dann doch nicht völlig gerädert in Papeete eintreffen. Offenbar hält uns die Neugier auf das große Abenteuer wach.

 

 

Tahiti   2. – 7.11.2022

Am Airport empfängt uns eine Ukulele-Band in traditionellen Kostümen, ein freundlicher Willkommensgruß für die ankommenden Touristen. Die offenbar traditionellen Lieder kommen mir sehr kindlich vor, aber ich halte mich, von Katrin streng ermahnt, mit einem Urteil zurück. Es ist ja nur der erste Eindruck. Die Blumenkränze aus Frangipaniblüten werden nicht, wie im Reiseprospekt angepriesen, von hübschen Polynesierinnen den Ankommenden mit neckischem Lächeln umgehängt, sondern müssen käuflich erworben werden. Dann verschieben wir eben unseren polynesischen Blumenempfang auf später, wenn wir nicht so müde sind. Dass Tahiti zu den französischen Überseegebieten gehört, beschert uns Europäern einen raschen und problemlosen Eintritt in die Inselwelt, während die Bürger aus USA, Australien und Neuseeland in langen Schlangen vor dem Zoll ausharren müssen.

 

Welch ein Freude, Thomas, der uns schon am Flughafen-Exit winkend empfängt, wiederzusehen! Nun kann unser gemeinsames Südseeabenteuer beginnen. Da wir erst am Nachmittag in unser Apartment einchecken können, müssen wir die Zeit zwischen 7 und 14 Uhr irgendwie überbrücken. Leider hat der Wetterbericht, der für Tahiti richtig schlechtes Wetter vorhergesagt hatte, absolut Recht behalten. Es ist nicht nur der übliche kurze tropische Regenguss, der von der Sonne rasch wieder abgelöst wird, sondern die Regengüsse wiederholen sich in kurzen Abständen. Das in den Reiseführern empfohlene Café „Maeva“ (was auf polynesisch "Willkommen" heißt), bietet ein opulentes Omelett, aber kein Internet. Also werden wir für längere Zeit nicht bleiben können. Einen ersten Eindruck von den in der polynesischen Gesellschaft geachteten Transvestiten beschert uns unsere Bedienung. An diesen ungewohnten Anblick werden wir uns schnell gewöhnen. Der Kauf einer für das Archipel gültigen Simcard wird rasch erfolgreich bewerkstelligt, so dass wir uns auch hier ohne die horrenden Roaming-Gebühren verständigen können. Aber schon der Einkauf für unsere Verpflegung in dem Apartment stellt sich als schwierig heraus. Die Markthalle der Inselhauptstadt, ja des ganzen Archipels, bietet ein so kümmerliches Angebot an heimischen Erzeugnissen und das in richtig schlechter Qualität, dass wir ordentlich enttäuscht sind: kein Vergleich zu den üppigen und bunten Märkten Asiens oder Südamerikas. Wenigstens die wichtigsten Lebensmittel und Getränke können wir in einem Supermarkt erstehen, allerdings mit horrenden Preisen.

 

Ein Taxi bringt uns dann zu dem gebuchten Apartment, oberhalb der Ortschaft Faa’a, unweit des Flughafens. Wir sind von der Großzügigkeit und dem Luxus der Wohnung sehr entzückt. Die Terrasse bietet einen wundervollen Blick hinunter auf das Meer und die schäumende Brandung am Riffgürtel der Insel. Wir werden den Luxus und die großzügig moderne Einrichtung noch richtig genießen, wenn das Wetter sich katastrophal verschlechtert haben wird. Hier können wir in Ruhe und relaxed die Eingewöhnungsphase genießerisch gestalten. Zu einem freundlichen Empfang gehört offenbar ein herrlicher Früchtekorb, viel besser, als wir die Früchte im Markt gesehen haben. Nun können wir uns genüsslich fallen lassen und erst einmal den Schlaf der letzten unendlich langen Nacht nachholen. Schließlich sind wir buchstäblich um die halbe Erdkugel gereist.

 

In der Nacht zum 3.11.2022 hat es heftig geregnet. Das hat uns aber nicht abgehalten, Schlaf nachzuholen, eine Wohltat in den herrlich bequemen Betten. Thomas hat allerdings noch größere Probleme mit der Zeitdifferenz von 11 Stunden. Die Anpassungsanstrengung wird ihn noch weitere Tage begleiten. Nach ein paar erfrischenden Schwimmzügen im Pool mundet das Frühstück in unserem höchst angenehmen Apartment umso mehr. Egal ob es jetzt draußen erst einmal wieder regnet. Die Aussicht von unserer Terrasse auf das Meer oder die wolkenverhangenen Berge bleibt attraktiv. Am Nachmittag scheinen die Regenwolken erste einmal verzogen, so dass wir hinunter in den zweitgrößten Ort der Insel Faa’a, wo sich auch der Flughafen befindet, laufen. Die ersten Begegnungen mit der tropischen üppigen Vegetation und den herrlichen Blüten der Bougainvillea, des Hibiskusstrauches oder der Frangipanibäume zusammen mit der feuchtwarmen Luft geben uns das Gefühl, in Polynesien angekommen zu sein. Über den bunten Friedhof von Faa’a wird der Blick auf die nahe Nachbarinsel Moorea gelenkt, deren Berge aber auch von dichten Wolken verhüllt werden. Wir inspezieren den Friedhof etwas näher und sind beeindruckt von dem unglaublichen Blumenschmuck, auch wenn sich bei näherem Hinsehen viele Blüten als Plastikartefakte herausstellen. Der üppige Blumenschmuck erklärt sich wohl aus der Tatsache, dass gestern Allerheiligen war.

Zunächst müssen wir noch zwei Stopover-Unterkünfte für uns und drei für Thomas organisieren. Das wollten wir vor Ort machen und die Unterkünfte in Augenschein nehmen, was sich jedoch schwieriger als gedacht herausstellt. Eine kleine Pension bei Einheimischen in der Nähe des Flughafens hat für uns nur noch einen, für Thomas zwei Termine frei, immerhin, also bleibt noch ein gemeinsames Übernachtungsproblem. Was uns angenehm berührt, ist die ansteckende Freundlich- und Fröhlichkeit der einheimischen Polynesier. Diese Freundlichkeit erreicht einen ersten Höhepunkt, als eine Frau mit ihrem Auto anhält, um uns, schwer beladen mit einem Supermarkteinkauf, den Berg hinauf zu unserer Apartmentsiedlung zu fahren. Kaum sind wir dort eingetroffen, als es wieder zu regnen anfängt. Der Regen steigert sich zu wolkenbruchartigen Güssen, die den ganzen Abend und die halbe Nacht hindurch anhalten. Der Wetterbericht sagt auch für die nächsten Tage unbeständiges bis schlechtes Wetter voraus, so dass unsere Planungen für die Erkundung der Insel hinfällig werden. Wir können froh sein, wenn wir am Montag, den 7.11., eine Inselrundfahrt mit einem Leihwagen unternehmen können. Bis dahin nutzen wir die kurzen Zeitfenster zwischen den Wolkenbrüchen für kleinere Unternehmungen. Gottseidank ist unsere komfortable Wohnung eine tröstende Arche Noah bei all den sintflutartigen Güssen. Aber auch bei den kleineren Unternehmungen werden die kurzen Zeitfenster von Niederschlagsfreiheit, ja manchmal sogar mit Sonne – dann ist die Insellandschaft berauschend schön, meist durch finstere Regenvorhänge geschmälert. So geschehen am Samstag, als Thomas und ich eine Regenpause nutzen, um Einkäufe unten in Faa’a zu erledigen. Aber auf dem Heimweg werden wir schon bald vom Regeneingeholt, der den Anstieg auf unseren Apartmentberg noch mal beschwert.

Eine etwas längere Regenpause hat uns ermuntert, mit dem Bus nach Papeete zu fahren, zu einer ausführlicheren Stadterkundung. So richtig will uns allerdings das Zentrum nicht gefallen. Positiv fallen uns die ganz hübsch gestaltete Uferpromenade und die Streetart an manchen Häuserfassaden auf, während die Gebäude mehrheitlich eher einen heruntergekommenen Eindruck vermitteln. Es gibt auch kein urbanes Zentrum oder einen zentralen mit Kneipen gesäumten Platz. Die Anwesenheit eines riesigen Kreuzfahrtschiffes erhöht nicht unser Hochgefühl. Thomas findet auf der Straße in der Nähe des Hafens den Führerschein einer Amerikanerin und vermutet richtig, dass es sich um eine Passagierin dieses Riesenpottes handeln müsste. Nach längeren Verhandlungen und Warten bei der Hafen-Security erweist sich Thomas Vermutung als zutreffend. Allerdings hat er bis eine Woche nach dieser freundlichen Tat noch kein Dankeschön von der Besitzerin trotz des dem Ausweis beigefügten Briefchens erhalten. Erfolgreich ist unsere Suche für eine weitere Stop-Over-Unterkunft in Papeete.

Am Nachmittag wagen wir kühn einen Ausflug mit öffentlichem Bus an den berühmten Matavai-Strand und an den Point Venus. Aber schon auf dem Fußmarsch von der Haltestelle zu dem alten Leuchtturm am Point Venus ereilt uns wieder der Regen, gottseidank nicht wolkenbruchartig, sondern eher im Landregen Stil. Wenigstens kann Katrin sich auf dem Postamt von Mahina mit allen geplanten Briefmarken eindecken. Die Anzahl von 50 setzt den Postler sichtlich in Erstaunen. An schönen Tagen ist der schwarzsandige breite Strand von Matavai sicher so traumhaft, wie er in den Reiseführern beschrieben wird. Aber in der regenschwangeren, dunstig trüben Luft wirkt das Dunkel des Strandes eher abweisend. Als dann auch noch aufgestellte Schilder vor Feuerquallen warnen, nimmt sogar Katrin von ihrem Badewunsch Abstand, obwohl sie fest entschlossen war, hier endlich ihre pazifische Badesaison zu eröffnen. Selbst im Regen wirkt der Leuchtturm aus dem Jahre 1868 pittoresk. Eine Stele erinnert daran, dass die Bounty 1788 hier vor Anker lag. Vorher war schon James Cook 1769 mit seiner Endeavour hier gelandet und hat dem Kap seinen Namen gegeben. Denn an Bord seines Schoners waren Astronomen, die den Lauf der Venus vermessen sollten. Ziemlich durchnässt besteigen wir den Bus nach Papeete. Die kalte Air-Condition-Luft verpasst Katrin eine unerfreuliche Erkältung, weil die Fahrt durch einen unglaublichen Stau endlos in die Länge gezogen wird.

 

Auch am Sonntag, dem 6.11., schüttet es aus allen Kübeln. Da wir heute ein feines Fischgericht eigenhändig in unserem Apartment zubereiten wollen, fehl noch der entsprechende Weißwein. Zwischen zwei Schauern fahren wir mit dem Taxi noch einmal nach Papeete, da die Busse am Sonntag nicht verkehren. Das ist eben der Tag der Familie, wie wir von Eieimischen erfahren. Allmählich kennen wir uns aus in der überschaubaren Sechsundzwanzigtausend- Metropole. Die meisten Geschäfte haben geschlossen, so dass die Stadt noch provinzieller wirkt, als sie ohnehin ist. Selbst am Sonntag quält sich allerdings eine Blechlawine auf den wenigen Durchgangsstraßen. Am Sonntag ist es auch nicht einfach, ein Taxi zurück zu unserem Apartment oberhalb Faa’a zu ergattern. Es ist eben alles nicht so ganz einfach in Französisch-Polynesien, jede Organisation erfordert Anstrengung und Geduld. Der Fisch gelingt uns leidlich, aber der Wein stellt sich als Katastrophe heraus. Wer will schon einen halbsüßen weißen Bordeaux trinken? Schade! Unser Problem spiegelt  die Weinsituation auf dem Archipel wider. Für die bekannten ordentlichen Weine verlangt man horrende, auch durch den Transport kaum berechtigte, Preise. Bei den etwas preiswerteren muss man einfach Glück haben, nicht den letzten Ausschuss zu erwerben. Dafür schmeckt das tahitianische Bier „Hinano“ leidlich und ist nicht wesentlich teurer als bei uns.

 

Zur buchstäblich letzten Gelegenheit am 7.11. 2022 klart das Wetter endlich auf und verschafft uns Gelegenheit,  mit dem von Thomas vorbestellten Mietwagen die Hauptinsel Tahiti Nui zu erkunden. Um die Staus um und in Papeete zu vermeiden, fahren wir gegen den Uhrzeigersinn zunächst an der Westküste der Insel entlang. Die mit tropischem Regenwald überzogenen Bergketten drücken die schmalen Uferbereiche nah an die Küstenlinie heran, sodass die Straße oft direkt am Meer mit wundervollen Blicken auf die Lagune verläuft. Leider sind die recht hohen Berge immer noch von dichtem Gewölk verhüllt. Aber bei den kleinen Taleinschnitten sieht man die steilen Flanken und kann sich die bizarren Gipfel gut vorstellen. Die schmalen Uferstreifen lassen in der Regel wenig Flächen für landwirtschaftliche Produktion übrig, und die nichtssagenden, bis zur Verwechslung ähnlichen, Ortschaften sind samt und sonders langgezogene Straßendörfer. Unser erster Halt gilt einem Kulturdenkmal, der Kultstätte (Marae) von Arahurahu. Ein aus runden Bassaltsteinen gebauter Stufentempel und ein ebenfalls aus geglätteten Bassaltquadern eingefriedeter und gepflasterter Zeremonialplatz lassen auf eine bedeutende Kultstätte schließen. Welcher Gottheit die Stätte geweiht war und welche Riten hier gefeiert wurden, können wir den Reiseführern und auch Informationen im Internet nicht entnehmen. Vielleicht erfahren wir durch den Besuch anderer ähnlicher Plätze mehr. Da ja die Kultplätze so alt nicht sind und die Einheimischen nicht ausgestorben, wird man ja vielleicht Informationen bekommen, wenn die christlichen Missionare nicht alle Erinnerung an die heidnischen Kulte aus dem Gedächtnis der Einheimischen überschrieben haben. Zwei grob behauene Tikis flankieren den Eingangsbereich. Man kann gerade noch erkennen, dass es sich wohl um eine männliche und weibliche Skulptur handelt. Der ganz Platz ist in einen berauschend schönen kleinen Taleinschnitt eingebettet, flankiert von üppig bewachsenen steilen Hängen.

Das empfohlene Naturdenkmal der Grotten von Mara’a können wir nur von außen sehen, zu viel Regen hat die Grotte überschwemmt; und auch die Pfade zu den beiden kleinen Tropfsteinhöhlen sind so glitschig, dass wir uns den Anstieg schenken. An der Südküste suchen wir eine geeignete Stelle zum Baden. Der erste schöne schwarzsandige Strand eignet sich nicht so gut zum Schwimmen, denn der Pazifik brandet ziemlich ungebremst mit beachtlichen Wellen durch einen Pass im Korallengürtel an den Strand, sodass Thomas und mir erst beim zweiten Versuch an einem ruhigeren Strand in der geschützten Lagune unser Schwimmdebüt im Südpazifik gelingt. Das Wasser hat eine so einladende Temperatur, dass man gar nicht mehr an Land will. Aber langsam rührt sich ein gewisses Hungergefühl und wir haben schließlich einen Tisch in dem sehr angepriesenen Restaurant „Louise & Remy“ in Taravao reserviert. Auf der Fahrt nach Taravao, das an dem schmalen Isthmus zwischen Tahiti Nui und Tahiti Iti liegt, genießt man einen eindrucksvolle Blick auf die kleinere Schwesterinsel. Die Fahrt auf das höher gelegene Aussichtsplateau schenken wir uns, denn Wolken und Dunst verhüllen Tahiti Iti bis in mittlere Höhen. Das Menu im besagten Restaurant ist wirklich ausgezeichnet und rechtfertigt wenigstens annähernd den beachtlichen Preis.

Die Weiterfahrt am Nachmittag an der Ost- und Nordküste entlang führt an ähnlichen Küstenbildern vorbei wie am Vormittag, nur die kleinen tief eingeschnittenen Täler wirken noch wilder. In das malerische Vaipuu-Tal wagen wir einen Abstecher, um endlich mal etwas vom bergigen Inselinneren zu erhaschen. Leider verschwinden auch hier die Berggipfel in den dichten Wolken. Aber am Talschluss erwartet uns ein großartiges Naturschauspiel: Aus großer Höhe stürzt der eindrucksvolle Vaimahuta-Wasserfall mit mächtigem Getöse in die Tiefe. Die tagelangen Regengüsse haben ihn mächtig anschwellen lassen. Zu zwei kleineren Wasserfällen, Cascades de Tefa’arumai, führt ein kleiner, gut angelegter Wanderweg. Wir sind begeistert, endlich mal in den tropischen Regenwald zu gelangen. Die mächtigen tahitianischen Kastanien stehen wie Urwaldriesen auf mächtig ausgebreiteten Wurzelstollen. Der Blick auf die beiden Wasserfälle lässt uns die bisher erduldeten Regentage vergessen. Wir bemerken auch mit Anerkennung, dass die Wege und die ganze Anlage sehr gepflegt sind. In der Nähe hat die geologische Entstehung der Insel ein interessantes Naturschauspiel geschaffen: an den „Trou du Souffleur“ schießt die Brandung durch Basaltröhren mit mächtigen Fontänen oder verursacht dumpfe Urgeräusche. Auch hier ist die ganze Anlage zu unserem Entzücken sehr gepflegt. Leider werden die eindrucksvollen Erlebnisse der Inselrundfahrt etwas getrübt durch den wahnsinnigen Verkehr in Papeete. Thomas, der die Last des Driving dankenwert übernommen hat, muss sich in endlosem Stopandgo langsam durch die Stadt quälen und die tief liegende Sonne lässt kaum eine freie Sicht auf die genau nach Westen führende Straße zu. Entnervt und abgekämpft, erreichen wir unser schönes Apartment, das uns immer wie ein wohliges Zuhause empfängt.

 

Morgen werden wir auf die zweite Insel des Gesellschaftsinsel-Archipels fliegen, Huahine. Wir sind schon sehr gespannt. Aber vorher denken wir noch über unseren Aufenthalt auf Tahiti nach:

Den größten positiven Eindruck haben die Einheimischen auf uns gemacht. Sie sind durchwegs freundlich, immer zu einem Lächeln bereit, hilfsbereit und strahlen eine angenehme Ruhe aus. Dagegen hat uns der wahnwitzige Verkehr in und um die Hauptstadt, aber auch auf der Ringstraße um die Insel mächtig gestört. Hier scheint wohl alle motorisiert unterwegs zu sein, man sieht kaum Fußgänger der Radfahrer. Leider hat uns das anhaltend schlechte Wetter nur wenige Eindrücke von der großartigen Natur gestattet, aber auch diese wenigen Erlebnisse waren höchst eindrucksvoll. Das warme Klima rechtfertigt unsere Flucht aus dem neblig kalten November unserer Breiten. Und man kann den Regen- oder Wolkentage auch zugutehalten, dass wir in der Eingewöhnungsphase nicht die volle Tropensonne zu spüren bekommen. Dagegen können wir das exorbitante Preisniveau des täglichen Lebens kaum nachvollziehen. Es überraschen uns nicht so sehr die natürlich teuer importierten Waren aus Europa. Es sind die Preise für die einheimischen Produkte, die in Hülle und Fülle in den Gärten wachsen. Selbst ein Straßenverkäufer verlangt für ca. 1 Kilo der kleinen einheimischen Bananen mindestens 4-5 Euro. Das lässt auf horrende Lebenshaltungskosten auch für die ansässige Bevölkerung schließen.

Vielleicht sind die hohen Lebenshaltungskosten auch die Ursache für die ungewöhnlich hohe Zahl von übergewichtigen Einheimischen. Wir können uns kaum erinnern, jemals so viele dicke Menschen gesehen zu haben, weder in den USA noch in Mexico war der Anteil so gravierend.

 

 

Huahine     8. – 11. 11. 2022

 

Da unser Flug mit Air Tahiti auf unsere zweite Gesellschaftsinsel erst am Nachmittag erfolgen wird, haben wir den Vormittag gemütlich für Packen und Frühstücken und schweren Herzens Abschied nehmen von unserer komfortablen Unterkunft. Uns schwant, dass uns auf Huahine eine deutlich bescheidenere erwartet. Da wir das Mietauto noch zur Verfügung haben, entscheiden wir uns für einen Besuch des Musée de Tahiti et des Îles, das Bengt Danielsson, ein Mitstreiter auf der Kon Tiki Expedition von Thor Heyerdahl, eingerichtet hat. Leider finden wir es ebenso geschlossen wegen Restaurierung wie das Gauguin Museum an der Südküste von Tahiti. Wir müssen uns mit einer Bar, die auf französisch ambitionierten Tourismus abgestellt ist, begnügen, um die Wartezeit vor dem Abflug angenehm zu verleben, denn die Bar liegt direkt am Meer mit wunderbarem Blick auf Moorea. Und das gelingt uns hier auch recht ordentlich.

Der Mietwagen ist vorschriftmäßig abgegeben, wir haben problemlos eingecheckt, also sollte alles nach Plan laufen. Das allerdings wird sich als Irrtum herausstellen. Nicht nur dass unser Flug nach Huahine mit Verspätung starten wird, sondern das Gegenchecken beim Boarding wird mit Kugelschreiber und Listen bewerkstelligt, weil die elektronische Registrierung ausgefallen ist. Wir fühlen uns in die siebziger oder achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts versetzt. Das Ergebnis: wir starten mit 1 ½ Stunden Verspätung. Entsprechend lange muss der Mann unserer Vermieterin, der uns abholen soll wohl warten. Der Flug mit dem kleinen Turboprop dauert gerade mal 50 Minuten, bis wir an der Nordspitze Huahines landen. Tatsächlich erwartet uns die angekündigte Person mit einem Schild „Detlev“. Das ist doch ein netter Empfang. Der nette, aber ein wenig zurückhaltene Mann unserer Vermieterin stellt sich Mischling eines Schweizers und einer Polynesierin heraus. Eigentlich spannend. Aber er ist nicht sehr gesprächig. Zunächst hält er in dem kleinen Hauptort Fare, damit wir dort einige Lebensmittel und Getränke einkaufen können, denn unsere Unterkunft befindet sich weit weg von größeren Geschäften am äußersten Südzipfel der Insel. Als wir dort endlich eintreffen, ist unsere Stimmung ambivalent in der Spanne von entzückt bis entsetzt: Großartig ist der Platz an einem wirklich furios schönen weißen Strand.

Aber die Behausung macht einen sehr gewöhnungsbedürftigen Eindruck, der totale Kontrast zu unserem komfortablen Apartment bei Faa’a. Die Einrichtung ist ziemlich heruntergekommen, in den winzigen Zimmern weder Haken oder gar Schränke, nicht einmal am Boden Platz, um Sachen auszubreiten. Wir sind auf unseren vielen Reisen in Südamerika und Südostasien manch einfachen Unterkünften begegnet, die dann aber nicht so teuer waren. Das bei Airbnb angepriesene „Willkommen im Paradies“ haben die Vermieter wohl auf die Einfach- und Bedürfnislosigkeit unserer biblischen Ureltern bezogen. Auch die Sitzgelegenheiten sind auf ein paar alte Plastikstühle beschränkt. Einzig der Kühlschrank und das WLAN erinnern an moderne Zeiten. Aber der Standort an dem traumhaften Strand reißt es wieder raus. Endlich sind wir in der Südsee angekommen, so wie wir uns sie eben erträumt haben. Wenn das Wetter nun noch mitspielt, kann unser Glück nichts schmälern. Zwei ziemlich verwahrloste Hunde haben uns mit nahrungshoffnungsvollen Blicken als Herrchen adoptiert und folgen uns überall hin. In einer viertel Stunde Fußmarsch erreichen wir das Grillrestaurant „Chez Tania“, das uns eine deftige, aber für Polynesien preiswerte Kost bietet. Hier unter der einheimischen und freundlichen Bevölkerung fühlen wir uns wohl.

 

Der Mittwoch, 9.11.,2022, ist ausgefüllt mit einem ausführlichen Bad. Auch erste Schnorchelversuche werden unternommen. Man muss weit durch die flache Lagune waten, bis man zu den interessanten Korallenbänken vorstößt. Aber dort gibt es viele interessante und bunte Fische zu sehen. Ich teste meine Taucherbrille und habe Mühe mit meiner neuen Unterwasserkamera zurecht zu kommen. Aber ohne Schnorchel ist das doch sehr mühsam. Leider verhindert der bedeckte Himmel, dass die Sonneneinstrahlung die Fische in ihren wunderschönen Farben aufleuchten lässt. Thomas kann, mit seinem Schnorchel gut ausgerüstet, von eindrucksvollen Begegnungen mit interessanten Meeresbewohnern erzählen. Ich ertauche wenigstens eine riesige Meeresschnecke. Da sie offenbar noch bewohnt ist, übergeben wir sie wieder ihrem angestammten Element.  

 

Am Nachmittag wandern wir an dem herrlichen weißen Strand entlang. Da der Sand aber aus grobkörnigem Korallschotter besteht mit vielen noch scharfkantigen Korall- und Muschelresten, sind die Badeschuhe oder Flipflops sehr hilfreich. Eindrucksvoll brandet der ungestüme Pazifik an den vorgelagerte Riffgürtel und schießt donnernd weiße Gischtschleier in die Höhe, während die Lagune sich nur schwach kräuselt. Wir können uns kaum sattsehen an diesem Naturschauspiel. Nachdem wir das Süd Kap von Huahine Iti ganz umrundet haben, kehren wir beim Sunset Grill ein und genießen ein frühes Abendessen mit Blick auf die Nachbarinsel Raiatea.

 

Nach einer guten Woche Erfahrung ist hier vielleicht eine kurzer Exkurs zu dem polynesischen Essen angebracht. Die Qualität rechtfertigt nach unseren bisherigen Erfahrungen i.d.R. nicht die beachtlichen Preise. Abgesehen von dem Restaurant „Louise & Remy“ in Taravao auf Tahiti war der gegrillte oder gebratene Fisch eher trocken als saftig. Gemüse wird nur wenig dazu gereicht, meist Pommes frites, die wir nach ein paar Tagen schon kaum mehr sehen können. Der viel gepriesene „Poisson cru“ ist eher grob geschnitten - auch die Carpaccioscheiben sind viel zu dick - besteht meistens nur aus rotem Thunfisch, kein Vergleich zu dem peruanischen Ceviche. Deshalb sind wir halbwegs zufrieden, bei dem Sunset Grill auch mal Gemüse dazu bestellen zu können. Auch bei dem anderen kleinen Restarant „Chez Tania“ wird Gemüse mit Hühnchen auf asiatische Weise zubereitet, Grund genug, hier öfter einzukehren. Manchmal aber verzichten wie sogar auf eine warme Mahlzeit und begnügen uns mit unseren bescheidenen Vorräten. Immerhin schmeckt das heimische Bier „Hinano“ ordentlich und der teuer erstandene Rotwein zu dem labbrigen Weißbrot und dem Emmentaler Käse.

 

Kurz nach einem dramatisch schönen Sonnenuntergang hinter Raiatea fängt es wieder an zu regnen. Durchnässt kommen wir in unserer Behausung an. Einen der Hunde, die uns überall hin begleiten, hat man uns ein Stück mit dem Fahrrad nachgebracht, weil der offenbar unseren Abmarsch verpasst hat oder sich in dem Restaurant einschmeicheln wollte.

 

Das Wetter für den Donnerstag, den 10.11.2022, ist weitgehend als stabil vorausgesagt, so dass wir uns von den Vermietern einen Leihwagen bei einem einheimischen Anbieter vermitteln lassen, die ihn uns auch zu der doch vom Hauptort weit entfernten Unterkunft bringen. Das etwas betagte Gefährt ist auch motormäßig schwachbrüstig ausgerüstet, so dass er mit Mühe die Steigungen bewältigt, ohne dass wir aussteigen müssen. Aber wir kommen vorwärts. Das ist die Hauptsache. Mit Begeisterung erleben wir endlich die unglaubliche Naturschönheit und die üppige tropische Vegetation. Wir können uns nicht erinnern, ein solch unglaublich schönes Zusammenspiel von tiefblauem Ozean, türkisfarbener Lagune mit einer von tiefgrüner Vegetation überzogenen ursprünglich gebliebenen Inselwelt schon einmal gesehen zu haben. Wir fahren gegen den Uhrzeigersinn auf der Küstenstraße um die Südinsel Huahine Iti herum. Uns fällt auf, dass die Vulkanberge sich im Gegensatz zu Tahiti nicht so steil und hoch aufstellen, sondern etwas mehr von der Küste ins Innere zurückziehen und so viel mehr landwirtschaftlich nutzbare Flächen gewähren, die von der einheimischen Bevölkerung auch weidlich genutzt werden. Sogar Kühe weiden hier unter hohen Kokospalmen, ein wahrhaft exotischer Anblick für die an Schwarzwaldwiesen gewohnten Augen. Nicht nur die völlige Abwesenheit des Massentourismus mehrt unser Entzücken an dieser Insel, auch die Tatsache, dass die öffentlichen Bereiche, die Straßenränder überaus gepflegt erscheinen und keineswegs so vermüllt wie z.T. auf Tahiti.

Über eine steinerne Brücke fahren wir auf die Nordinsel Huahine Nui. Unser betagter Mietwagen quält sich über einen steilen Pass, um auf den nordöstlichen Teil der Insel zu gelangen. An der Passhöhe sind wir den Akazien ähnlichen Bäumen, die ihre fächerförmigen lichten Kronen übereinander schieben und ganze Berghänge wie Schuppen überdecken, sehr nahe. Katrin versucht vergeblich mit ihrer Botanik-App die Bäume zu bestimmen. Wir einigen uns auf den Arbeitsbegriff „polynesische Akazien“. Die Straße führt steil hinab in die Ortschaft Faie. Dort werden in einem Flüsschen die blauäugigen Aale als heilige Tiere verehrt. Offenbar sind sie für Agnostiker nicht sichtbar, denn wir können leider keinen entdecken. Aber die Piroggenfähre zur Perlenfarm entspricht den Angaben der Reiseführer. Sie bringt uns in wenigen Minuten zu der Perlenfarm in der stillen Lagune zwischen der Nordinsel und dem Motu Vavaratea. Eine junge Frau erklärt uns sehr kompetent und ausführlich den Prozess, wie man die Austern dazu nötigt, so schöne Perlen zu kreieren. In der Auslage sehen wir viele schöne Exemplare, die den ersten Eindruck bei den Auslagen der Perlenboutiquen in Papeete, dass die legendären schwarzen Perlen Polynesiens eher wie Minikanonenkugeln aussehen, revidieren. Manche schimmern geheimnisvoll grün bis hin zu einem metallisch blauen Grau. Wieder auf der Hauptinsel suchen wir die hoch gepriesene archäologische Anlage der Marea von Maeva an der Nordküste auf und sind eher enttäuscht von den kümmerlichen Resten. Bisher haben mich die historischen Kultstätten eher enttäuscht. Außer ein paar aufgestellten Steinmauern aus Basalt ist eigentlich wenig Kunstfertiges zu bewundern. Dafür zieht die Vanillefarm in der Nähe umso mehr unsere Aufmerksamkeit an. Wir sehen die Vanillepflanzen, die Schoten und erstehen dann das Extrakt Pulver mit der heimlichen Vorfreude, zu Hause Creme brûlée mit echter Vanille hinzubekommen.

Im Hauptort der Insel, Fare, bietet der Yachtclub die beste Location, um direkt an der Lagune mit Blick auf das schimmernde Meer ein wenig zu versumpfen. Nach dem Einkauf im Supermarkt macht uns ein freundlicher Einheimischer darauf aufmerksam, dass wir hinten links einen Platten haben. Gottseidank, dass uns das in dem Hauptort und nicht in der Einöde der Insel passiert ist. Thomas organisiert telefonisch über die Vermieter in Kürze einen Ersatzwagen, so dass wir ohne beträchtliche Verzögerung und auch noch in Trockenen unsere Behausung erreichen, denn schon hat der Regen uns wieder eingeholt.

 

Es hat die ganze Nacht in Strömen geregnet und auch am Morgen des Freitags, 11.11.2022, hat uns das trübselige Wetter an die kümmerliche Behausung gefesselt, bis wir endlich gegen Mittag einen schönen Platz zum Baden und Schnorcheln unweit unserer Unterkunft an dem Süd Kap von Huahine finden und genießen. Dort treffen wir auf wunderschöne noch völlig intakte Korallenstöcke mit vielen bunten Fischen. Leider komme ich mit meiner Unterwasserkamera noch immer nicht so gut zurecht. Unser letztes gemeinsames Dinner nehmen wir bei Tania ein, deren Grillbude nun schon unser Stammlokal geworden ist, denn morgen werden wir uns von Thomas trennen müssen: er fliegt über Papeete auf das Tuamotu-Atoll Fakarava, wir wollen nun endlich Katrins Sehnsuchtsziel Bora Bora erreichen.

 

Bora Bora 12. - 16.11. 2022

 

Samstag, 12.11.2022  Abschied von Huahine und Ankunft auf Bora Bora

 

Unsere Vermieterin kann uns heute nicht zum Flugplatz bringen. Das bedeutet für Thomas, der schon um 6 Uhr15 abfahren muss, ein wenig Stress. Wie sich dann herausstellt, aber unnötig. Denn das Taxiunternehmen, das sie uns empfiehlt, organisiert Tania, die Chefin unseres inzwischen zur Lieblingskneipe avancierten kleinen Restaurants. Die ist eben zu zuverlässig. Auf die Minute genau wird Thomas abgeholt und uns pickt sie bei der Unterkunft um 12 Uhr auf. Da wir noch Zeit haben bis zum Abflug, genießen wir noch mal das Mittagessen bei Tania. Sie ist überaus herzlich, hängt hübsche Ketten um und spediert uns die Getränke. Es wird ein herzlicher Abschied von Tania, als wir dann schließlich von Verwandten zum Flugplatz gefahren werden. Zur Abwechslung gießt es mal wieder in Strömen. Wider Erwarten ist unser Turboprop pünktlich und Katrin kann auch trotz trüben Wetters noch Fotos vom Anflug auf Bora Bora machen. Wir sehen unter uns die etwas überdimensionierte Landebahn, die die US-Army im 2. Weltkrieg gegen Japan als Air Force Station gebaut hat. Als wir auf dem vorgelagerten Motu Mute landen, ist Katrin überglücklich, endlich auf ihrer Sehnsuchtsinsel gelandet zu sein. Es macht ihr gar nichts aus, dass es bei unserer Ankunft gleich wieder zu regnen beginnt. Zunächst bringt uns eine Fähre auf die Hauptinsel und dann ein Kleinbus in unser Hotel. Alles ist bestens organisiert. Bevor wir zwei Tage auf einen Overwater Bungalow umziehen, haben wir uns für das Ankommen erst in einem anderen Hotel eingemietet. Aber auch das „Royal Bora Bora“ ist überaus komfortabel und empfängt uns mit großer Freundlichkeit. Am Samstagabend wird im Hotel für das Dinner ein Folkloreabend angeboten. Gottseidank, dass wir darauf verzichtet haben. In schonender Entfernung an der Bar werden wir noch genug von der schrecklichen Musik belästigt.

 

Den ganzen Sonntag, 13.11.2022, schüttet es aus Kübeln. Wie gut, dass wir ein großräumiges und komfortables Zimmer haben und viel zu lesen oder auch zu schreiben. Der Blick in den großartigen Garten erfreut auch durch Regenvorhänge das Auge. Die preiswerteste Kneipe „the lucky house“  weit und breit nimmt immer noch erstaunliche Preise im Vergleich zu Europa (außer Schweiz natürlich). Wir sind eben auf Bora Bora. Aber das Essen mundet und man kommt auch mal ohne die sonst unvermeidlichen Pommes aus. Sie verfügen auch über einen echt italienisch aussehenden Pizzaofen, der mit Holz beheizt wird. Wären nicht polynesischen Pizzabäcker vor dem Ofen fleißig zugange, könnte die Szene auch in Italien spielen. Den Heimweg können wir dank Regenpause mal ohne Schirm und Regencape unternehmen, die sich bisher als die wichtigsten Reiseutensilien in Französisch-Polynesien herausgestellt haben. Aber von einem romantischen Sternehimmel über der Südhalbkugel kann man nur träumen.

 

 

Montag, 14.11.2022

 

Unsere Geduld wird wirklich intensiv auf die Probe gestellt: entgegen der Wettervorhersage schüttete es nicht nur die ganze Nacht, sondern auch den Vormittag. Eigentlich wollten wir nach dem Frühstück mit Leihfahrrädern in den Hauptort Vaitape fahren und ein wenig die Insel erkunden. Das ist aber bis 11 Uhr schlicht nicht möglich. Als die wolkenbruchartigen Güsse etwas nachlassen, treibt uns Katrins Neugier dann doch mit den geliehenen Bikes auf die Piste. Mit den Regencapes kann man sich nur notdürftig gegen die Nässe von außen schützen. Ganz zu schweigen von der Tanspirationsfeuchtigkeit innen. Denn wir sprechen von 25° Celsius. Auf den gemieteten chinesischen „Rostgöppeln“ kommen wir nur mühsam und langsam voran. Auf der Fahrt in den Hauptort sehen wir, was die Regenfluten in den angrenzenden Grundstücken angerichtet haben: viele Gärten stehen völlig unter Wasser, aus manchem Haus muss sogar Wasser gepumpt werden. Da die meisten Häuser jedoch vorsorglich auf Stelzen gebaut sind, sind sie von den sintflutartigen Niederschlägen nicht bedroht. Als wir nach halbstündigem Trampeln im Hauptort Vaitape eintreffen, schiebt die Sonne die Wolken rasch beiseite und leckt mit ihrer intensiven Tropenstärke die Feuchtigkeit in Minuten hinweg. Die erste Bank „Banque de Tahiti“ leistet keinen Geldwechsel, schon gar nicht für Nichtkunden. Wir werden an die Banque de Polinesie verwiesen. Dort teilt man uns verdutzten Fremden mit, dass Geldwechsel nur vormittags abgewickelt werden. Ja, es ist gerade mal 15 Minuten über Vormittag. Leider hört bei Banken und offiziellen Stellen die bisher von uns so gelobte und erlebte Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Polynesier auf. Immerhin gibt uns der Schalterangestellte einen Tipp: In einer Boutique in der Nähe würden sie Geld wechseln. Es verwundert uns nicht, dass die genannte Boutique Chinesen gehört. Und die wechseln uns das Geld ohne weiter Anstalten zu einem guten Kurs. Gottseidank gibt es auf den Inseln geschäftstüchtige Chinesen. Katrin sucht in den Boutiquen nach einem schönen farbfrohen und typischen polynesischen Kleid, das sie so gerne als Erinnerung an Bora Bora mitnehmen würde. Aber die mageren Angebote und vor allem die exorbitanten Preise schrecken sie eher ab. So radeln wir dann bei halbwegs schönem Wetter um die südliche Bucht herum an die Südspitze der Hauptinsel. Leider verhüllt der Mont Otemanu noch immer seinen bizarren Gipfel mit Wolken. Am schönsten öffentlichen Strand Bora Boras „Matira Beach“ tummeln sich die Menschen. Die schwüle Hitze lässt unsere Zunge langsam am Gauen kleben, so dass wir im legendären „Bloody Marys“ uns ein kühles Bierchen gönnen. Wir treffen dort nette Amerikaner aus Boston, die ähnlich wie wir individuell unterwegs sind. Im Unterschied zu uns müssen sie sich mit ihren Elektrobikes nicht so voran quälen. Auf unserem Heimweg besorgen wir uns im Diving Shop noch Schnorchel und ich Flossen, die leider ziemlich groß ausfallen. Keine Ahnung, wie ich die im Flieger auf die anderen Inseln mitnehmen kann. Wir sind dann schweiß gebadet und abgekämpft wieder am Hotel und freuen uns, die Rostgöppel wieder abgeben zu können. Inzwischen werden wir am Abend von der Chefin des „Lucky House“ schon wie Stammgäste begrüßt.

 

 

Dienstag, 15.11.2022

 

Da wir heute unser lieb gewonnen Hotelzimmer verlassen müssen, um in den von Katrin heiß erwarteten Over Water Bungalow im Nachbarresort Maitai zu wechseln, wollen wir den Vormittag nicht vergammeln, zumal sich das Wetter endlich gebessert hat. Deshalb haben wir einen halbtägigen Bootsausflug gebucht. Das bis auf den letzten Platz besetze Boot bringt uns weit hinaus in die Lagune zu verschiedenen interessanten Beobachtungsspots. Für Katrin ist es Premiere, mit Taucherbrille und Schorchel der Unterwasserwelt zu begegnen. Auch wenn die Anpassung der maske noch nicht so klappt, hat sie bei dem ersten Spot die Gelegenheit, einen großen Manta zu beobachten, der leider schon weggeschwommen war, als ich dann eintraf. Dafür erwartete uns beim nächsten Stopp ein unvergessliches Erlebnis: Im brusttiefen Wasser wimmelte es von Haien. Es sind zwar Zitronenhaie, in deren Beuteschema wir nicht passen, aber dennoch bin ich erstaunt, als Katrin vom Boot steigt, denn die Haie sind immerhin 1,50m bis 1,80m lang. Es ist ein unglaubliches Erlebnis, als uns nicht nur die Haie, sondern auch jede Menge Rochen umspielen. Die großen Augen der Rochen scheinen uns richtig zu fixieren. Offenbar sind die Tiere an Menschen gewöhnt, denn auch noch andere Boote haben an diesem Spot die Insassen ins Wasser gelassen. Vielleicht erhoffen sie sich eine Fütterung, die aber, wie wir erfahren, streng verboten ist. An einem anderen Spot sehen wir in der azurblauen Tiefe unter uns eine große Formation Rochen wie ein überdimensionales Schachbrett in ruhigen schwebenden Bewegungen ziehen. Es sind unvergleichliche Momente von Schönheit und Grazie. Leider streiken unsere Tauchermasken und Schnorchel im später angefahrenen Korallengarten. Dennoch sind die kleinen erhaschten Blicke der vielen bunten Fische und der intakten Korallenbänke ein wundervolles Erlebnis. Das wird uns auch bei unserem Over Water Bungalow begleiten. Leider komme ich auch mit meiner Unterwasserkamera nur schwer zurecht, so dass meine Fotoausbeute von dieser unglaublichen Exkursion eher bescheiden ausfällt.

Am Nachmittag, Katrin kann es kaum erwarten, wechseln wir in das andere Resort, das nur wenige hundert Meter Mühe mit unseren schweren Rucksäcken erfordert. Im Maitai Resort werden wir auch überaus freundlich und jeweils mit einer wundervollen Kette aus Frangipaniblüten empfangen. Zwar hat man uns den Over Water Bungalow in der Nähe des Strandes zugewiesen, aber Katrin ist überglücklich, dort einziehen zu können für zwei Nächte. Zu unserer Freude finden sich auch wunderschön bunte Fische direkt unter den Glastisch im Bungalow ein. Was für eine Begrüßung! Da macht es uns auch gar nichts aus, dass es erst einmal schüttet, als hätten die Wettergötter alle Schleusen geöffnet.  Wir denken mit Mitleid an all die anderen Mitfahrer bei dem Bootsausflug, die eine Ganztagestour gebucht haben. Aber die Wettergötter wissen, dass Katrin an ihrem Sehnsuchtsziel angekommen ist, und veranlassen am fortgeschrittenen Nachmittag endlich Wetterbesserung.  Die Innenausstattung des Bungalows ist sehr geschmackvoll und komfortabel, herrlich der Blick vom kleinen Balkon auf den Strand und das türkisfarbene Wasser direkt unter uns. Nun ist Katrin nicht mehr bereit, sich weit von unserem Bungalow zu bewegen, sondern bevorzugt das Resort Restaurant in Sichtweite, auch wenn es hier noch mal spürbar teurer ist als in dem „Lucky House“ der letzten Tage.

 

 

Mittwoch, 16.11.2022

 

Katrin hat sich vorgenommen, heute den Bungalow nur zum Schwimmen und Schnorcheln zu verlassen. Ansonsten will sie hier an liebe Angehörige und Freunde Karten schreiben, um ein Stück weit auch die Weihnachtspost vorwegzunehmen. Da noch einige Briefmarken fehlen, habe ich mich bereit erklärt, am Vormittag noch mal nach Vaitape zur Post zu fahren. Das erste Fahrrad, das wir für mich bei Avis mieten, auch wieder so ein chinesischer Rostgöppel, hat schon nach 100 m einen platten Hinterreifen. Außerdem reiße ich mir bei meinen Shorts eine deftige Sieben in den hinteren Regionen ein. Gottseidank macht mich mit neckischem Grinsen eine Polynesierin auf den Schaden aufmerksam. Es ist nicht ganz so peinlich, weil ich darunter eine Badehose trage. Mit einem anderen Leihfahrrad und meiner zweiten Short mache ich mich wieder auf den Weg. Der sich aber zäh hinzieht, da die Hitze mir schier den Atem nimmt und das alte Fahrrad ohne Gangschaltung mir auch wirklich viel Kraft abverlangt. Schließlich treffe ich schweißgebadet an der Post ein und erfreue mich ganz gegen meine Gewohnheit der Air-Condition-Kühle. Der Postangestellte staunt nicht schlecht, als ich ihm schon nach dem Einkauf der restlichen Marken, die ich dann auf die Postkarten klebe, einen Stapel an Karten zum Stempeln überreiche. Offenbar ist das ein ungewohnter Anblick, denn die anderen Mitarbeiterinnen und -arbeiter laufen zusammen, um dem Schauspiel beizuwohnen.

Ich möchte noch Geld wechseln und begebe mich eigentlich guten Mutes zur Banque de Polinesie um die Ecke. Denn nun ist ja Vormittag. Aber drinnen wartet schon eine lange Reihe von eiheimischen Bankkunden. Ich sehe mir eine Zeitlang den Vorgang mit schwindender Geduld an. Denn an dem einen geöffneten Schalter arbeitet man offenbar mit Zeitlupe und viel Papierkram, dass meine Hoffnung, in nächster Zeit hier bedient zu werden, von Minute zu Minute schwindet. Gottseidank erinnere ich mich der Chinesen, die mir auch diesmal wieder lächelnd die Euros in pazifische Francs wechseln.

Heute dümpeln zwei große Kreuzfahrtschiffe auf der Reede vor Vaitape und das kleine Städtchen ist von offenbar hauptsächlich amerikanischen Touristen überschwemmt. Auch die unvermeidliche Begrüßungsband am Hafen gibt ihre schreckliche Musik zum Besten. Was Katrin in den Shops und Boutiquen verschmähte, scheinen die Kreuzfahrer in großem Stil einzukaufen. Denn sie laufen kohortenweise mit großen Einkaufstüten wieder Richtung Hafen. Die restlichen Kreuzfahrer werden in Bussen über die Insel gekarrt, so dass mir bei der Rückfahrt nicht nur die steigende Hitze, sondern auch die Abgase der Busarmadas zu schaffen machen. Völlig abgekämpft, aber mit erfolgreicher Mission, treffe ich dann am Bungalow ein.

Nun kann auch für mich der Hochgenuss beginnen: vom eigenen Bungalow über eine Leiter ins Wasser steigen und die unweit der Anlage liegenden Korallengärten anschauen. Auch wenn die Ausrüstung mit Maske und Schnorchel immer noch nicht optimal funktioniert, genießen wir doch beide an den mannigfaltigen Korallenarten die bunten Fische, die uns fröhlich umspielen. Und das in unmittelbarer Nähe zum Bungalow! Auf einem Informationsplakat erfahren wir, dass das Maitai Resort erfolgreich versucht, die Korallengärten mit Sonnenstrom zu mineralisieren. Diese Methode scheint offenbar geeignet, die Korallen in ihren Anpassungsproblemen an die steigenden Wassertemperaturen zu unterstützen. Was für ein Tag, der schönste Sonnentag auf unserer ganzen Südseereise bisher! Katrin muss sich offenbar der Gunst der polynesischen Götter erfreuen.

 

 

Bora Bora  - Moorea  17.11.2022

Eigentlich hätten wir zu aller Herrgottsfrühe einen Flug nach Moorea von Bora Bora haben können. Aber Katrin wollte verständlicherweise die Zeit in dem schönen Bungalow bis zum offiziellen Checkout-Termin nutzen. Deshalb ziehen wir den umständlicheren Weg vor: Mit dem Flieger nach Papeete, von dort mit der Fähre nach Moorea. Ein wenig Adrenalin schießt mir am Vorabend in die Schläfen, als ich im Internet feststelle, dass die geplante Fähre nach Moorea morgen ausfällt. Es gibt Alternativen, aber auch da ist nicht klar, ob wir die entsprechende Fähre erreichen. Denn Voraussetzung ist, dass unser Flieger keine Verspätung hat und wir dann sofort ein Taxi vom Flughafen zum Gare Maritime finden. Also bleibt noch ein wenig Spannung in der Luft.

 

Ein wundervolles Morgenrot kündete den Abschiedstag an. Natürlich nutzten wir den Morgen noch zu einem letzten Bad in dem türkisfarbenen Wasser und fütterten die Fische mit unserem Restbaguette. Nach dem Frühstück reichte die Zeit bis zum Check-out, um unsere Rücksäcke und Taschen zu packen. Die warme Tropensonne trocknete inzwischen unsere Badeanzüge und Schwimmschuhe. Wenn sie denn mal scheint, dann entfaltet sie gewaltige Wärme und Kraft. Schließlich steht sie so unweit des Äquators fast im Zenit. Zum überaus herzlichen Abschied im Maitai-Hotel werden wir langen Ketten aus kleinen Muscheln beschenkt.

 

Im Gegensatz zu unserer Ankunft zeigt sich die Insel in ihrer ganzen Pracht, als wollte sie uns nicht loslassen. Selbst der Mont Otemanu verzichtet heute auf seinen Wolkenhut. Die kleine Fähre bringt uns auf das Motu Mute, wo sich der Flugplatz befindet. In letzter Minute findet Katrin in der Flughafenboutique dann doch noch ein polynesisches Kleid. Und ich kann die unförmigen Flossen tatsächlich im Übersack unterbringen, in den ich für den Flug meinen Rucksack wegen der vielen Bändel und Laschen sicherheitshalber verstaue. Also bis jetzt verlässt uns das Glück nicht. Gelassen nehmen wir hin, dass wir durch eine kleine Verzögerung beim Boarding auf der falschen Seite im Flieger sitzen. So sehen wir beim Abflug leider nichts von Bora Bora, sondern bis kurz vor der Landung in Papeete ausschließlich tiefblauen Ozean und weiße Wolkentupfer. Nun ist uns das Glück weiterhin hold: unsere Rucksäcke kommen sehr rasch über das Förderband, ein Taxi steht auch schon für uns bereit, das uns zum Fährhafen bringt, und wir erwischen ohne Hektik die Fähre um 16:10. Nun kann ich unsere Vermieterin auf Moorea über unseren Ankunftstermin telefonisch informieren und ein Taxi für den Transfer ordern.

 

Die Fähre benötigt 40 Minuten für die 18 km zwischen Papeete und Moorea. Als sie den Hafen von Papeete verlässt, sehen wir das legendäre Postluxusschiff Aranui an seinem Pier liegen. Nach unseren Kenntnissen wird sie uns auf den noch zu besuchenden Inseln nicht mit ihren Tagesexkursionen belästigen. Ursprünglich hatten wir selbst einmal damit geliebäugelt, mit diesem Schiff die Inselwelt Französisch-Polynesiens zu bereisen. Denn ehemals galt es als Geheimtipp, mit dem Post- und Frachtschiff, das die Inseln versorgt und noch ein paar Passagiere mitnimmt, durch die Südsee zu fahren. Inzwischen aber hat sich die Aranui zu einem Luxuskreuzfahrtschiff gemausert, das nebenher noch Post- und Frachtdienste übernimmt, und die Passage ist abenteuerlich teuer.  Deshalb haben davon Abstand genommen und uns für ein Inselhopping mit Air Tahiti entschieden.

 

Die Fähre ist ziemlich ausgebucht, meist von Einheimischen, die in Moorea leben und in Papeete arbeiten und jetzt am Abend wieder heimfahren. Je mehr wir uns Moorea nähern, umso schlechter wird das Wetter, leider. Hoffentlich ist das kein schlechtes Vorzeichen. Am Hafen erwartet uns auch schon das Taxi mit dem Pappschild „Hoffmann“.  In wenigen Minuten sind wir auch schon an userer Unterkunft „Te Ora Heu Ecolodge“ angekommen, wo uns die Vermieterin Moea herzlich empfängt und in unseren Bungalow einweist. Die Lodge nimmt offenbar die gewählten ökologischen Ziele sehr ernst. Die Bunglows sind alle aus heimischen Materialien gebaut, kein Beton und Metall, und die Regeln, Wasser und Umwelt zu schonen, sind hier oberstes Gebot. Hier fühlen wir uns auf Anhieb wohl, obwohl auch diese Unterkunft sehr einfach ist, was den Komfort betrifft. Aber Bora Bora war ohnehin nicht zu toppen. Der Regen hat aufgehört und wir können zu Fuß in die nächste Pizzeria (erstaunlich, dass es hier in Polynesien so viele Pizzerien gibt) laufen. Dort gewahren wir erstaunlicherweise ein hier selten gehörtes vertrautes Idiom. Am Nachbartisch sitzt ein deutsches Ehepaar, das aber, wie sich schnell herausstellt, keine Touristen sind, sondern Auswanderer, die sich vor einem Monat in Moorea niedergelassen haben. Über ihre Erfahrungen und Erlebnisse geht der Abend schnell dahin und wir erfahren auch viele interessante Insiderdetails. Auf dem Nachhauseweg ist es so dunkel, dass wir endlich den südlichen Sternenhimmel erleben. Leider versteckt sich das Kreuz des Südens, kurz nachdem ich es entdeckt habe, wieder hinter Wolkenschleier.

 

Unser Bungalow, nicht weit von der ziemlich heftig befahrenen Straße entfernt, trägt uns den Autolärm ungefiltert durch die offenen Fenstergitter in das Schlafzimmer im kleinen Obergeschoss. Hier macht sich meine altersbedingte Schwerhörigkeit segensreich bemerkbar, wo sich Katrin mit Oropax schützen muss. Aber die bleierne Müdigkeit lässt uns ohnehin rasch in tiefen erholsamen Schlaf sinken.

 

Am Freitag, den 18.11.2022, hält uns das inzwischen übliche polynesische Ankunftswetter mit seinem Dauerregen in dem Bungalow gefangen. In einer kurzen Regenpause versorge ich uns prophylaktisch im nahen Magasin mit Verpflegung und Getränken. Da sich die Niederschläge im Verlaufe des Tages zu Wolkenbrüchen steigern, ist noch nicht einmal an einen kleinen Strand-Spaziergang, geschweige denn an eine Erkundung der Gegend zu denken. Da unser Bungalow gemütlich eingerichtet und einigermaßen komfortabel mit einer kleinen Küche ausgestattet ist, kann ich sogar ein kleines Abendessen zubereiten. Man muss sich bei diesen Wetterverhältnissen einigermaßen autark einrichten, um nicht die gute Laune verlieren, in der Hoffnung, dass sich die bisher erlebte Wetterbesserung am zweiten oder dritten Tag endlich einstellt.

 

Samstag,19.11.2022

 

In der Nacht hat es zu regnen aufgehört, was die Hoffnung nährt, die Wetterbesserung könnte sich schon am Morgen einstellen. Die sollte sich aber als höchst trügerisch erwiesen, denn bis zum frühen Nachmittag sind das Trommeln der Wassermassen auf unser palmblättergedecktes Dach und das Plätschern in den sich langsam um den Bungelow bildenden See die vorherrschenden Geräusche.

 

Es wirkt wie ein Wunder, wenn sich so gegen 15 Uhr plötzlich der Wolkenvorhang öffnet und wenig Sonne zulässt. Sogleich machen wir uns auf, einen der Wasserfälle, die im nahen Inselinneren von den steilen Bergwänden heranstürzen und die man schon von der Straße erblicken kann, zu erwandern. Etliche Versuche, einen Weg in das Innere zu finden, schlagen fehl. Die Mühe dieser Umwege ist denn lohnend, so nehmen wir die Häuser und Behausungen der Einheimischen doch direkt in Augenschein. In der Regel wohnen sie in recht einfachen Bungalows, meist auf Stelzen errichtet und der ganze Hausstand, Geräte, Autos, Fahrräder, etc. gruppiert sich in verschiedenen Alters- und technischen Zustandsformen bis zu den Wracks um das Haus herum. Fast von jedem Anwesen hört man Hähne krähen, fast immer lümmelt sich ein Hund vor der Einfahrt oder prüft argwöhnisch die Ankommenden. Es finden sich auch sehr schicke Häuser mit balustradengeschmückten Balkonen. Fast jeder Bewohner fährt einen Pickup oder SUV, die wegen der schlaglochübersäten schlechten Pisten, sobald man sich von der Uferstraße entfernt, auch sinnvoll sind.

Die überaus freundlich Einheimischen klären uns über unsere Fehlversuche, einen Weg zu den Wasserfällen zu finden, auf oder bringen uns sogar mit dem Auto wieder zurück zur Uferstraße. Endlich finden eine geeignete Straße, die uns auch hoffnungsvoll dem Ziel entgegenführt, bis uns der Besitzer, über das Grundstück der Weg führt, einen Wegzoll abpressen will. Wir haben außer meinem Kleingeldbeutel überhaupt kein Geld dabei. Deshalb muss er sich statt dem geforderten Wegzoll von 100 CPF pro Person mit den noch im Portemonnaie befindlichen 140 CPF begnügen. Der Pfad führt steil durch den tropischen Regenwald, wir müssen zwei durch die Regengüsse angeschwollene Bäche schwierig durchwaten und geben ein einem steilen Aufstieg über glitschige Steine und Felsen auf, bevor wir den Wasserfall erreichen, zumal es auch schon zu dämmern beginnt und wir das schwierige Gelände nicht im Dunkeln absteigen wollen.

 

Sonntag, 20.11. 2022    Moorea – Rundfahrt

Da für Sonntag schönes Wetter vorausgesagt ist, haben wir einen Mietwagen online gebucht mit dem angenehmen Service, dass man uns mit einem kostenlosen Shuttle an unserer Lodge abholt. Der sehr moderne Mitsubishi lässt sich gut fahren. Das ist der erste angenehme Umstand an diesem Morgen; viel wichtiger aber ist das schöne Wetter an diesem Tag. Entsprechend unserer bisherigen Inselerfahrung scheinen uns auch diesmal 1 ½ Tage schönen Wetters auf Moorea gegönnt zu werden. Das ist um so erfreulicher, als sich die Landschaft dieser Insel als besonders eindrucksvoll erweist. Wor fahren gegen den Urzeigersinn um die östliche Rundung der herzförmigen Insel. Von einer kleinen Anhöhe haben wir einen grandiosen Blick auf den langen weißen Teaharoa-Strand und die Over Water Bungalows des Hilton Moorea Lagoon Resort. Man erkennt von hier an der schäumenden Brandung den Riffgürtel, der die türkisfarbene Lagune schützt. Fast zum Greifen nahe türmt sich dahinter Tahiti auf, offenbart sein gebirgig schroffes Inselinnere mal ohne die Wolkenhülle und rundet das fast überirdisch schöne atemberaubende Bild. So kommen also die Südseeträume zustande. Aber auch die nordöstliche Cook-Bucht, die sich tief nach Süden ins Inselinnere einschneidet und mit der Nachbarbucht von Opunohu die Herzform bildet, ist an Schönheit kaum zu überbieten. Die glasklare Bucht wird gesäumt von abenteuerlich gezackten mit tropischem Regenwald überwucherten Berggipfeln. Irisierendes Grün der Vegetation trifft auf türkis- bis flaschengrünfarbenes Meer und tiefblauen Himmel. Unnötig zu erwähnen, dass die Ufer von himmelragenden Palmen gesäumt werden. Wir kommen nur langsam voran, da wir ununterbrochen anhalten, um die aufregenden Blicke einzufangen und auch auf Fotos für die Erinnerung festzuhalten.

In der Kirche der Ortschaft Paopao empfiehlt der Reiseführung eine interessante Darstellung der Heiligen Famile im tahitianischen Stil. Die Kirche finden wir, das Gemälde nicht, dafür aber eine ziemlich gut besetzte Kirche zur Messe am Sonntagvormittag, die Honoratioren wie der Pfarrer und die Messediener in weiße Gewänder gehüllt und mit Blumenkränzen geschmückt. Offenbar spielt, wie wir auch schon auf anderen Inseln erfahren haben, das religiöse Leben eine ziemlich wichtige Rolle. Wir fahren um den mittleren Sporn zwischen den beiden Herzklappen herum und erreichen die ebenso pittoresque Baie d Opunahonu.

Am Ende der Bucht führt eine steile, aber recht schmale Straße zu dem von allen Reiseführeren empfohlenen Aussichtsplatz Belvedere. Auf der Fahrt dorthin wälzt sich eine dicke Wolke über den Mont Tohiea, mit 1207m die höchste Erhebung der Insel, und entlässt ihre Wasserlast just in dem Moment, als wir „Belvedere“ erreichen. Aber der Blick nach Norden auf die Herzform der Insel mit den beiden einschneidenden Buchten und dem mitteeren Sporn mit dem markanten Mont Rotui (899m) ist frei und umwerfend. Leider zwingt der stärker werdende Regen uns in das schützende Auto. Sobald wir die Bergregion verlassen, verbessert sich das Wetter und die Sonne erstreitet sich ihr Recht. Mit ungeminderter Tropenstärke brennt sie vom Himmel. Für die ganze Insel gilt, dass , ähnlich wie auf Tahiti, die Bergflanken nahe ans Ufer treten und die Straße deshalb fast immer mit Meeresblick verwöhnt. Nur in wenigen kleinen Tälern im Inselinneren ist landwirtschaftliche Nutzung möglich. Hier auf Moorea hat man sich auf den Anbau von Ananas spezialisiert. Leider sind die an der Straße gekauften Ananas noch nicht ganz reif, schade, denn unreife Früchte kennen wir vom Import nach Europa.

An der Nordostküste liegen mehrere exklusive Resorts, z.B. Coco Beach, wo für eine hübsche Bar mit Restaurant geworben wird. Leider erscheint kein Shuttle, um uns auf das vorgelagerte Motu zu bringen. Vielleicht kein schlechtes Omen, denn so treffen wir auf das Restaurant an der Straße „Tiahura“, das auf den ersten Blick einen unscheinbaren, eher abstoßenden Eindruck machte. Wie gut, dass wir es trotzdem wagen, denn das Kneipchen entpuppt sich als eines der besten Seafood-Restaurants auf Moorea. Neben den in der Tat köstlichen Gerichten. Katrin bekommt einen Papageienfisch serviert, ich Mahi Mahi mit einer köstlichen Vanillesauce. Die Besitzerin, eine sehr schlanke Französin, die auch hervorragend Deutsch spricht, bedient uns überaus freundlich und umsichtig, so dass wir unser ganzes Tagesprogramm umschmeißen, hier eine ausgedehnte Mittagspause einlegen und sowohl auf das geplante Bad am Teaharoa Strand als auf das Dinner verzichten.

Die Westküste ist weniger besiedelt und deshalb die Straße auch weniger befahren, so dass ich langsam fahren und auch die grandiosen Blicke auf die Küste oder die bizarren Berge und tief eingeschnittenen schmalen Täler im Inselinneren erhaschen kann, ohne Stopps einzulegen. Von dem Museumsdorf „Tiki Village“ hatten wir uns nach den einschlägigen Berichten in Reiseführern und im Internet mehr verprochen. Von den historischen Bauten sind nur wenige gut restauriert (ein Versammlungsplatz mit Erdofen, mehrere Familienhäuser, eine Häuptlingsunterkunft und ein Kultplatz (Marae), hier wohl als Original der Ausgangspunkt des ganzen Ensembles. Dagegen hat man für die Kinder überall Saurierattrappen aufgestellt, die mit den Gesellschaftsinseln aber in keinem geologischen Kontext stehen, außer dass einige Szenen von Jurassic Park auf Bora Bora gedreht worden sind. Und gänzlich unangebracht scheint der Schlitten mit Santa Claus, der in Ermangelung von Elchen in dieser Gegend von Delphinen gezogen wird. In einem nachgebauten Haus hat man schlechte Kopien von Gauguinbildern aufgehängt, in einem anderen historische Fotos des Pariser Fotojournalisten Adolphe Sylvain mit Darstellungen von halbentblößten polynesischen Schönheiten, die verständlich machen, was die Männer der Bounty hier gefesselt hat.

Der späte Nachmittag und frühe Abend ist mit Packen ausgefüllt, denn morgen müssen wir schon früh zum Fährhafen aufbrechen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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